“Um in Aktien zu investieren, muss man Börsenprofi sein und den ganzen Tag Newsticker und Kursverläufe verfolgen.”
“Die Kurse an den Börsen schwanken viel zu stark. Investments in Aktien sind reine Zockerei.”
Aussagen wie diese kennt jeder von uns. Sie sind nicht unbedingt ein Zeichen von individueller Unwissenheit, sondern Ausdruck der Tatsache, dass finanzielle Bildung in unserem Bildungssystem keine Rolle spielt. Wir können nach der Schulzeit verschiedene Versmaße mittelalterlicher Sonette bestimmen, haben aber kaum eine Ahnung vom Zinseszinseffekt, der Funktionsweise der Aktienmärkte, Diversifikation und Volatilität eines Portfolios. Selbst mit einem BWL-Studium fällt es schwer, eigenständig ein gutes Finanzkonzept auszuarbeiten.
Wir müssen uns viel Grundlagenwissen mühsam selbst erarbeiten. Zusätzlich müssen wir dabei noch herausfinden, welchen Aussagen man vertrauen kann und welche uns hinters Licht führen sollen. Das ging mir genauso wie vielen meiner Freunde und Bekannten.
Die meisten Menschen stimmen der Aussage zu, dass Aktienmärkte langfristig steigen. Allerdings nehmen wir im Kontrast dazu in den täglichen Nachrichten ein turbulentes Auf und Ab einzelner Titel wahr.
Ein Chart, das für mich mehrere Knoten gelöst hat und noch immer mein Denken und Handeln bestimmt, ist folgendes:

Der MSCI World ist ein Indexfonds, der aus 1600 Aktien besteht. Er repräsentiert in 23 Industrieländern 85% Marktkapitalisierung. Anders ausgedrückt, bildet er alle großen Unternehmen und damit die Aktienmärkte in den Industrieländern weltweit ab.
Das Chart zeigt nun die durchschnittliche Rendite (pro Jahr) über knapp 50 Jahre (1970 – 2018). Diese liegt konstant bei etwa 9%. Für uns viel entscheidender ist allerdings die subtile Angst, dass wir bei einem Aktieninvestment alles verlieren könnten. Hier hilft uns die Darstellung der minimalen (gelb) und maximalen Rendite (dunkelblau). Im besten Jahr zwischen 1970 und 2018 hätte das Investment 66% Plus gemacht, im schlechtesten Jahr knapp 40% Verlust. Mit zunehmender Investitionsdauer wird diese Volatilität allerdings kleiner.
Die entscheidende Erkenntnis
In jedem 15-jahres-Zeitraum der vergangenen 50 Jahre betrug die minimale Rendite auf den MSCI World 2%. Damit hätten wir im schlechtesten aller Fälle immer noch die Inflation ausgeglichen. Das galt also auch, wenn man zu Rekordständen kaufte und 15 Jahre später am Tiefpunkt einer Krise verkaufte. Die Nulllinie wird bei etwa 14 Jahren durchschritten.
Je länger der Anlagehorizont, desto stabiler auch die minimale Rendite. Bei einem Anlagehorizont von 35 Jahren waren es hier 7%. Es zeigt sich also, dass bei einem langen Anlagehorizont die Volatilität keine Rolle mehr gespielt hat.
In den letzten 50 Jahren hätte man bei einem Investment in ein weltweit gestreutes Aktienportfolio ab einem Anlagehorizont von 15 Jahren oder länger in keinem Fall Verluste gemacht.
Wertentwicklungen der Vergangenheit sind kein garantierter Indikator für die Zukunft. Wir müssen uns aber bewusst machen, dass in diese Grafik bereits viele schwere Weltwirtschaftskrisen eingeflossen sind, wie z.B. die Terroranschläge vom 11. September 2001 und die globale Finanz- und Schuldenkrise 2008. Bei ausreichend langen Anlagehorizonten, z.B. für den Vermögensaufbau oder die Altersvorsorge, sollte man daher auf investmentbasierte Produkte setzen. Stichwort: Buy & Hold.
Ein Blick in die letzten 200 Jahre
Die folgende Grafik verdeutlicht dies eindrucksvoll. Hier ist die Wertentwicklung von einem Investment von 1$, der im Jahr 1801 in verschiedene Anlageklassen investiert wurde, mit einer logarithmischen Skala dargestellt.

Bei einem Investment in die Währung Dollar wäre der Wert im Jahr 2017 auf 5ct. gefallen. Gold beweist seine Eigenschaft als Wertspeicher (Anstieg von 1$ auf 4$ in 200 Jahren). Hätte man in Anleihen investiert, hätte man seinen Wert immerhin auf knapp 750$ gesteigert.
Hätte man 1801 einen Dollar in Aktien investiert und diese bis ins Jahr 2017 gehalten, hätte sich der Wert trotz zweier Weltkriege und sechs Weltwirtschaftskrisen auf 1,4 Mio. $ gesteigert.
Disclaimer: Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen. Dieser Text stellt keine Anlageberatung dar.